Mit Brandsätzen und Steinen attackieren im September 1991 hunderte Nazis
und Jugendliche im sächsischen Hoyerswerda zwei Wohnheime für
Geflüchtete und Vertragsarbeiter*innen aus Mosambik und Vietnam. Die
Angriffe dauern mehrere Tage, während die Polizei zuschaut – und
Anwohner applaudieren. Am Ende werden die Angegriffenen mit Bussen aus
der Stadt gebracht und Hoyerswerda zur „ausländerfreien Zone“ erklärt.
Der Mob hat gewonnen. Über viele Jahre wird Hoyerswerda zum Inbegriff
der „national befreiten Zone“. In den Baseballschlägerjahren werden alle
zum Freiwild, die nicht ins rechte Weltbild passen. In ihrem Buch „Die
Kinder von Hoy“ erinnert sich die Schriftstellerin Grit Lemke an diese
Zeit und ihre Vorgeschichte. Sie liest die Erinnerungen jener vor, die
damals gejagt wurden und jener, die ohnmächtig zuschauen mussten. Wir
erfahren von den Träumen und Albträumen jener, die wie sie selbst in
Hoyerswerda aufgewachsen sind und erlebt haben, wie aus der einstigen
Musterstadt der DDR nach 1989 eine Ruine wurde. Sie berichtet von den
Hoffnungen der linken DDR-Opposition, in der sie aktiv war und die
hinweggespült wurden durch den nationalen Taumel der deutschen Einheit.
Im Anschluss an die Lesung wollen wir gemeinsam diskutieren, was sich
aus den damaligen Ereignissen lernen lässt. Denn auch wenn die
Neunzigerjahre weit weg sind: Die steigende Zahl rassistischer Gewalt,
die Wahlergebnisse der AfD und die Titelseiten von BILD & Co machen
deutlich, dass die Frage „Wie organisieren wir uns gegen rechts?“
brandaktuell ist.
Zur Referentin: Grit Lemke ist Schriftstellerin und Dokumentarfilmerin.
Für ihren Film „Gundermanns Revier“ über den DDR-Liedermacher Gerhard
Gundermann wurde sie 2020 für den Grimme-Preis nominiert.
Die Veranstaltung findet statt im Rahmen der Reihe "Die widerliche
Vereinigung. Veranstaltungsreihe zu Deutschland, Rechtsruck und
antifaschistische Perspektiven. (Infos zum Beispiel hier:
https://www.instagram.com/nix_zu_feiern/)