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Aufruf zur Teilnahme an der Demonstration am 1.08. in Berlin /Alle auf die Straße am 1.08., 7.08. und Tag X in Berlin! Hände weg von der Fährstr.115 in Hamburg-Wilhelmsburg !

Wir sind wütend! Nicht nur dass sich in den letzten Monaten vermehrt gezeigt hat, dass #blm und die Auseinandersetzung um Rassismus in institutionellen Kontexten eine untergeordnete Rolle spielt, die Situation der Geflüchtetenlager an den EU Außengrenzen zunehmend verschlechtert, sich über Jahre hinweg in exekutiven Strukturen ungehindert rechtsextreme Strukturen aufbauen konnten, ideologische Ursachen der Attentate in Halle und Hanau entpolitisiert und die Täter*innen zu verwirrten Einzeltäter*innen erklärt werden und dabei der offensichtlich strukturelle Rassimsus ignoriert werden, um nur einige Widrigkeiten aufzuzählen.

Das ist die Gesamtscheisse, in der wir leben und der wir was entgegensetzen müssen. Bisher hatten wir unsere Orte und Strukturen, wo wir Kraft tanken, uns austauschen und Unterstützung finden konnten.

Jetzt sind einige der ältesten dieser Orte in Berlin und Hamburg akut von Räumung und Vernichtung ihrer Existenz bedroht.

  • Seit dem 3. Juni wurde der Räumungstitel für das anarcha-queer-feministische Hausprojekt Liebig 34 trotz juristischen Formfehlers ausgesprochen. Es wurde Widerspruch hiergegen eingelegt, der jedoch keine aufschiebende Wirkung hat.
  • Das Neuköllner Kneipenkollektiv Syndikat hat seinen Räumungstermin für den 07.08.2020 ab 9.00 angekündigt bekommen. Weiterhin ist das Kneipenkollektiv Meuterei ebenso bedroht.
  • Die Rigaer Str. 94 wurde ab 08.07. abermals von Bullen überfallen und unter fadenscheinigen Gründen gerazzt sowie die Einrichtung und Innenstruktur der Wohnungen mit Hilfe von Bauarbeiter*innen zerstört.

Bullen und Senat bedienen sich hier der Strategie des gleichzeitigen Angriffs, um den Widerstand gegen anstehende einzelne Räumungen zu schwächen.

Um ihr Vorgehen zu rechtfertigen, wird sich wieder mal der Mär von “rechtsfreien Räumen” und der „gewalttätigen Linksextremen“ bedient. Es hat sich jedoch längst erwiesen, dass die Gewalttätigkeit des Systems weitaus höher ist. Besonders in den letzten Wochen hat sich gezeigt, dass der einzig “rechtsfreie Raum” das Agieren der Berliner Polizei und des Berliner Senats zu sein scheint.

Diese Verdrängungsspirale und der zunehmende Sturm auf unsere Projekte und Strukturen wird nicht unerwidert hingenommen werden!

Der Bruch mit der eigenen Rechtsstaatlichkeit

Um Law-and-Order Phantasien und persönliche Vendetta umzusetzen, wird der Bruch mit der eigenen Rechtsstaatlichkeit in Kauf genommen.Wie sonst ließe sich das Verhalten der Bullen erklären, indem Exklusiv-Rechte der Berichterstattung an die B.Z. vergeben werden, während die übrige Presse aktiv belogen wird? So wurde offiziell von den Bullen auf Twitter vermeldet, es gäbe aktuell keinen Polizeieinsatz in der Rigaer Str. 94 als die Razzia bereits in vollem Gange war. Ganz zu schweigen von Tom Schreibers „Hospitation“ bei den Bullen in dem Einsatz als Art persönliche Vendetta bei der sogenannten Razzia. Dies wohl auch nicht zum ersten Mal. Seit Jahren wird die Rigaer Str. 94 vom Berliner Innensenat zum persönlichen Feind erklärt. Das geht sogar so weit, dass sich bei der Wahl zwischen Observierung des islamistischen Attentäters vom Terroranschlag im Dezember 2018 und der Rigaer Str. 94, für letzteres entschieden wurde.

Linke“ Stadtpolitik in Berlin?

Dass der Fisch vom Kopf her stinkt, lässt sich auch an der Politik des aktuellen Berliner Senats ablesen. Der vermeintlich „linke“ Berliner Senat treibt eine Stadtpolitik zugunsten Renditeerwartungen der GmbHs, Holdings, Immobiliengruppen und anonymen Gesellschaften in Steuerparadiesen voran, die dem Grundmuster einer neoliberalen und rechts-konservativen Stadtpolitik in nichts nachsteht. Es wirkt daher wie blanker Hohn, wenn noch im Wahlkampf mit Spontisprüchen wie „Die Häuser denen, die drin wohnen“ auf Stimmenfang gegangen wurde. Angesichts der herrschenden Verwertungslogik wundert es jedoch nicht, wenn sich die einstige Opposition dieser unterwirft. Besonders auch in Berlin wird seit Jahren im sozialen Bereich zugunsten von Investor*innen-Interessen gestrichen, wo es nur geht. Schulen sind äußerst sanierungsbedüftig, städtische Angebote werden weggekürzt und Jugendclubs zwangsgeschlossen und/oder verdrängt, siehe Potse und dem Drugstore, um die prominentesten Beispiele dieser Entwicklung zu nennen.

Selbstverwaltete und unkommerzielle Orte wie die bedrohten Kneipenkollektive Meuterei und Syndikat übernehmen in den Kiezen seit Jahren quasi die staatliche soziale Arbeit, bieten eigenständig Nachbarschaftshilfe und Anlaufpunkte an. Sie fangen das auf, was die städtischen Behörden nicht zu tragen vermögen oder tragen wollen und sind somit nicht nur Räume für bierseelige Nächte, sondern auch Treffpunkt, verlängertes Wohnzimmer und Anlaufstelle im Kiez. Sie stehen für den erfolgreichen Versuch gelebter Alternative zu Ausbeutung und Unterdrückung in Lohnarbeit, Hausarbeit, Carearbeit, im Bildungssystem und in Miet- und Eigentumsverhältnissen.

Mit ihnen würden über 30-40 Jahre Kiez- und Gegenkultur und gelebte Selbstverwaltung zerstört werden und damit ein großer Teil Berliner Stadtgeschichte.

Ein weiterer Hohn ist die Selbstbezeichnung von Berlin als „DIE queere Hauptstadt“. Ein völlig unverdientes Label, angesichts dessen, dass der Berliner Senat es unproblematisch findet, wenn eines der ältesten, queeren Hausprojekte Europas – die Liebig 34 in Berlin- Freidrichshain- geräumt werden soll.

Die Liebig34 ist seit ihrem Bestehen 1990 ein Schutzraum für anarcha-queer-feministische Utopie und steht für Widerstand gegen patriarchale Verhältnisse.

Sie ist ein Ort an dem Geschlecht und Identitäten verschoben werden können, wo anti-patriarchale Strukturen entwickelt und erweitert werden, weiterhin Reflexion von Machtstrukturen und Privilegien stattfinden und gleichzeitiges Empowerment gelebt wird. Orte, die als Schutzraum in einer patriarchalen Gesellschaft zwischen #metoo-Solidarisierungs-Lippenbekenntnissen, gleichzeitigen Victimblaming, Lookism, und immer wieder stattfindenden Femiziden dienen.

Berlin ist überall–Hände weg von der Fährstr 115!

Nicht nur der Blick nach Berlin zeigt deutlich, wie dringend die Verteidigung dieser Projekte und unserer Strukturen ist. Auch in Hamburg sind Hausprojekte von der Stadt bedroht und unter scheinheiligen Argumenten die das Allgemeinwohl adressieren, wird versucht linke Gegenkultur, zu zerstören.

Im Februar 2020 hatte das Projekt Fährstr. 115 bereits einen Kaufvertrag mit dem bisherigen Eigentümer unterschrieben gehabt, als die Stadt von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machte und den Kaufvertrag für nichtig erklärte. Grund hierfür war das plötzliche Einsehen, dass ein Deichschutzstreifen her müsse, sprich eine Wiese. Komisch nur, dass die Stadt dies in den letzten Jahren, als es SAGA-Eigentum war, versäumt hat und nun den Deichschutz vorschiebt, um sich einem linken Projekt einfach zu entledigen.

Andere, teilweise sogar billigere, wohnraumerhaltende Maßnahmen werden gar nicht erst geprüft und versucht.Wir finden Deichschutz auch sinnvoll, dennoch hätte dies der Stadt Hamburg auch schon vor Jahren einfallen können und nicht zufälligerweise in dem Moment, wo das Projekt sich selbst kauft und seinen Erhalt auf Lebenszeit gesichert hätte.

Daher unterstützen wir die Forderung der Fährstr. 115, dass die Stadt Hamburg von ihrem Vorkaufsrecht zurücktritt und ihre Versäumnisse nicht auf dem Rücken linker Strukturen austrägt sowie alternative Deichschutzmaßnahmen findet, wie sie es auch anderswo (z.B im „Spreehafenviertel“) gemacht hat.

Fuck Aufwertung-Das Recht auf Stadt für alle!

Wir werden jedoch nicht müde zu betonen, dass wir ein Recht auf Stadt für alle wollen.

Der Berliner und Hamburger Senat vergessen, dass der städtische öffentliche Raum noch nie ausschließlich ein Ort für profitable Interessen war. Stadt war immer ein Ort für lebendigen Widerspruch, Raum für Diskussion und Gegenkultur.

Ihre Stadtpolitik versucht systematisch das zu zerstören, was Städte einzigartig und lebenswert macht. Ein Berlin z.B. ohne diese Räume ist nur noch arm… Eine Stadt ohne diese Orte, wäre eine tote Stadt.

Die Notwendigkeit für den Erhalt dieser Schutzräume gelebter Selbstverwaltung und Gegenkultur, insbesondere derer, die sich gegen rassistische und rechtsextreme Strukturen richten, ist größer denn je. Insbesondere seitdem sich vermehrt zeigt, dass Polizei, VS und KSK bereits jahrelang von rechtsextremen Strukturen unterwandert werden. Der politische Wille jedoch und daraus resultierende Bemühungen für die Aufklärung dieser institutionellen Verstrickungen verlaufen eher lustlos und schleppend. Erst neulich hat sich die Generalbundesanwaltschaft für die Aufklärung der Morddrohungen des NSU 2.0 gegen liberale Politiker*innen und Personen öffentlichen Lebens für „nicht zuständig“ erklärt. Linke Strukturen hingegen werden auf Bundesebene zu Terrororganisationen stilisiert, was sich auch in der Kontinuität der heftigen Urteile der G20-Prozesse zeigt, die meist auf Basis mangelhafter oder keiner Beweise gefällt wurden. Wie im Beispiel der Anschuldigen gegen die „3 von der Parkbank“ die teilweise seit über einem Jahr in U-Haft sitzen.

Wir werden weiter diesen Verhältnissen etwas entgegensetzen und unseren Widerstand durch Vernetzung verstärken. Die erfolgten Angriffe auf unsere Räume und unsere Freund*innen werden wir nicht einfach hinnehmen. Die Mittel des Widerstands wählen wir selbst.

Wir sind zwar verschieden, aber trotz Verschiedenheiten der einzelnen Projekte eint uns das Anliegen lebbare Alternativen aufzuzeigen und ein gemeinsames Verständnis einer solidarischen und lebenswerten Gesellschaft.

Daher: Aufwertungsphantasien und „tote“ Städte? Nicht mit uns!

In Solidarität stehen wir Seite an Seite–ein Angriff auf einzelne Orte unserer Strukturen ist ein Angriff auf uns alle!

Lasst uns unsere Wut und unseren Protest am 01.08. in Berlin auf die Straße tragen und am 07.08. gemeinsam den Räumungsversuch des Syndikats verhindern!

Haltet Augen und Ohren offen-unterstützt die Projekte in eurem Umfeld, werdet kreativ und geht am Tag X auf die Straße!

Ohnmacht wird zu Wut in Berlin und überall!

Liebig34 bleibt!

Syndikat bleibt!

Meuterei bleibt!

Potse/Drugstore bleiben!

Fährstr.115 bleibt!

Flora bleibt unverträglich!

Wir bleiben alle!

Plenum der Roten Flora Juli 2020

Rote Flora
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